Bonjour Tristesse

Mittwoch, November 22, 2006

Computer-Spieler=Amokläufer?

Da gab es mal wieder einen Jugendlichen, der Amok läuft. Und was machen deutsche Politiker? Richtig, sie wittern eine Profilierungs-Chance und wollen die Polizei holen, weil es Computerspiele gibt, in denen man gepflegt herum-ballern kann. Je besser der Grafik-Chip, desto ausdrucksvoller das Gemetzel bei jedem Schuss. Es könnte ja nicht sein, dass das Gefasel der Stoibers und Schünemanns dankbar jede realitätsnahe Einschätzung der Gründe meidet, die junge Menschen dazu bringen, nicht nur andere zu töten, sondern schließlich sich selbst!
Es spricht ein sehr gewichtiger Grund dafür, dass es keinen Zusammenhang zwischen Computerspielen und Amokläufen sind: Computerspiele sind inzwischen zumindest ein Millionengeschäft. Da fallen ein oder zwei Amokläufe pro Jahr nach jeder statistischen Untersuchung überhaupt nicht ins Gewicht. Im Gegenteil, vermutlich sind Leute, die noch nie so ein Spiel gespielt oder gesehen haben, die Anomalie. Schließlich wollen ja auch nicht alle Leute, die schon Mal einen ach so tollen Mercedes gesehen haben, gleich auf die Autobahn fahren, um autofahrende Frauen mit Kind von der Straße abnzudrängen und sie in einen tödlichen Unfall zu verwickeln.
Zweitens unterliegen natürlich auch Computerspiele dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Mit Sicherheit haben Leute, die solche Spiele kaufen, ihre Gründe bzw. ihre Motivation. Mit anderen Worten, Computerspiele wie Counter-Strike usw. werden auch von Leuten gekauft, die über einen Amoklauf nachdenken, aber ich glaube kaum dass jemand diese Spiele kauft und dann herausfindet, dass Mitschüler töten eine prima Idee ist.
Drittens sind auch Computerspiele eine - wenn vielleicht auch nicht immer geschmacklich ganz sichere - Kunstform. Als solches machen sie sicher irgendeine Aussage über die Gesellschaft, in der sie entstehen. Aber diese fallen doch nicht vom Himmel, sondern sind in ebendieser Gesellschaft zu finden. Im Zweifelsfall sprechen Computerspiele also nur die Gründe aus, die an anderer Stelle Leute für einen Amoklauf heranziehen.
Ich habe keine Ahnung, welchen Schritt es braucht, sein Leben auf diese Art zu verwirken, aber eines weiß ich ganz sicher: Die Politiker, die es wagen ihren Mund für lauthals verkündete Verbote von Computerspielen aufzureißen sollten sich stattdessen mal ein Verbot z.B. für Waffen aller Art aussprechen, ein Gedanke, den sicherlich auch Edmund Stoiber noch begreifen kann. Oder mal darüber nachdenken, dass die Eliten-Rethorik schon von ihrer Definition her Verlierer einschließt.
Der schlagendste Grund gegen eine direkte Beziehung zwischen Amok-Läufern und Computerspielen aber dürfte folgender sein: Neo-Nazis in einem Amoklauf umbringen hat bisher noch keiner gemacht. Obwohl es gerade im First-Person-Shooter-Genre genügend Beispiele dafür gibt, z.B. die Wolfenstein-Serie oder auch die ganzen zahllosen 2. Weltkriegs-Shooter.

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

"Zweitens unterliegen natürlich auch Computerspiele dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Mit Sicherheit haben Leute, die solche Spiele kaufen, ihre Gründe bzw. ihre Motivation. Mit anderen Worten, Computerspiele wie Counter-Strike usw. werden auch von Leuten gekauft, die über einen Amoklauf nachdenken, aber ich glaube kaum dass jemand diese Spiele kauft und dann herausfindet, dass Mitschüler töten eine prima Idee ist."

Hm; ich denke das dieser Gedanke Ursache und Wirkung verkehrt. Natürlich muss man schon ziemlich naiv sein, zu glauben, das sich die Herren Amokläufer ein Spiel kaufen um das Morden zu lernen; (Da liegen bereits andere Dinge vorher im Argen!)
Aber, die Argumentation von Pädagogen geht eher in die Richtung, dass dauerhaftes Spielen bei Jugendlichen (über Jahre wohlmöglich!) die Hemmschwelle, bzw die Mitleidsempfindung senken kann.
In Kombination mit anderen Faktoren, könnten brutale Spiele somit Mit-Auslöser für Gewalttaten sein, bzw diese begünstigen.
BSP.: ein 15jähriger, der über Jahre
virtuell Nazis tötet; in GTA Passanten meuchelt, Punkte sammelt beim Omas totfahren (Carmageddon), daneben in diversen Foren sich als eine Art Conan der Barbar ausgibt und sich in pseudoideologischen Diskussionen verstrickt...Wie wirkt das auf "ungefestigte" Jugendliche..
Lange Rede kurzer Sinn:
Es ist sicherlich verdreht wie Stoiber es gerne tut, nach einem Amoklauf, auf einen Mal über Pcspiele zu quatschen anstatt über den Amoklauf, aber über
Gewaltspiele nachzudenken und was diese eventuell in unserer Gesellschaft bei Jugendlichen anrichten muss erlaubt sein...
Interessant dazu die sogenannte "Übertötung"

21/1/07 23:47  

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